Trailläufer, Mountainbiker, Wanderer, Tourengeher und all jene, die ihr Hobby in der Natur betreiben, tragen eine Verantwortung für den Raum in dem sie sich bewegen. Diese sollte sich in einem Verhalten widerspiegeln, welches dem Erhalt und dem Schutz der Umwelt dient.
Den letzten Urlaub verbrachten meine Lebensgefährtin und ich samt unserem verspielten Mischlingsrüden Nanuk in den lombardischen Bergen und den Dolomiten. Der Norden der Provinz Sondrio hat es uns mit seinen tiefen, von feuchten Wäldern gesäumten Tälern, seinen von Forellen belebten Wildbächen und brachialen Gletschern zu Füßen beeindruckender Gipfel, besonders angetan. Von der Welle an Campern, welche aufgrund der Coronaproblematik in die Alpen strömten, war in dieser Gegend nicht viel zu sehen.
Wegen andauernder Regenfälle beschlossen wir nach zwei herausragenden Wochen einen Abstecher in die Dolomiten zu unternehmen. Der Weg dorthin führte uns durch die weiten Apfelplantagen des Trentino. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto mehr verlor die Region ihren Charme. Während die Lombardei vielerorts ein typisch italienisches Flair versprüht, erinnert das Gebiet um die Dolomiten eher an das modern rustikale Flair des Bregenzer Waldes. Begleitet von lärmenden Motorrädern und unzähligen PKWs und Wohnmobilen krochen wir durch atemberaubende Landschaften den Drei Zinnen entgegen.
Müll gehört nicht in die Natur
Als Ausgangspunkt unserer Wanderung zu den Drei Zinnen und für eine Vesperpause parkten wir etwas außerhalb des verdreckten und belebten Hauptparkplatzes. Selbst dieses abgelegene Örtchen, an einem kleinen bewaldeten Bachlauf gelegen, war in erheblichem Maß mit Zigarettenstummeln, Plastikflaschen und sonstigem Müll verunreinigt. Der schmale Pfad, welcher vom Parkplatz zu dem glasklaren Bach führte, war so stark mit Exkrementen und Toilettenpapier verdreckt, dass man nur spärlich dorthin gelangen konnte, ohne sich die Schuhe zu verschmutzen. Diesen Zustand fanden wir auf der folgenden Wanderung in fast jeder Einbuchtung, hinter jedem zweiten Busch und auf vielen kleineren Wegen vor. Zugegebenermaßen fanden wir in den folgenden Tagen auch traumhafte und von Verschmutzung verschont gebliebene Orte vor – hauptsächlich abseits der großen Straßen und nach kurzem Fußmarsch.
Man muss nicht erst in die touristischen Hochburgen der Alpen fahren, um Zeuge solcher Verschmutzungen zu werden. Auch in den Mittelgebirgen und in vielen anderen touristisch attraktiven Naherholungsgebieten findet man Zeugen menschlicher Ignoranz – mindestens jedoch von Unachtsamkeit und Unwissen vor. Auf einem zweistündigen Berglauf im Schwarzwald passiere ich mit Sicherheit etliche verlorene Tempos, achtlos weggeworfenes Bonbon-Papier und absichtlich in den Wald gefeuerte Getränkedosen und -flaschen.
Es ist paradox, Erholung und Entspannung in der Natur zu suchen und diese dann mit den Abfällen der Zivilisation zu verunstalten. Die Auswirkungen vieler Hinterlassenschaften gehen über die optische Verunstaltung hinaus. Entgegen der landläufigen Meinung werden die vielen Bananenschalen in den Büschen durchaus abgebaut. Aufgrund ihrer Resistenz gegenüber Hitze kann der Abbauprozess jedoch bis zu fünf Jahre dauern. Zwar entsteht damit kein ökologischer, jedoch ein erheblicher optischer Schaden. Ganz anders sieht es mit sorglos in den Wald geworfenem Plastikmüll aus. Der vollständige Abbau einer PET-Flasche kann zum Beispiel bis zu 450 Jahre dauern. Dabei werden durch die Witterung Mikroplastikpartikel gelöst, die Boden und Grundwasser verunreinigen. Ein großes Problem – und Ärgernis für viele Anwohner – stellen Hinterlassenschaften und Toilettenpapier in regelmäßig und häufig frequentierten Gebieten dar. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind bei einer mehrmonatigen bis -jährigen Abbauphase von Kot und Toilettenpapier sowie dem produktabhängigen Anteil an Chemikalien nicht zu unterschätzen. In vielen Gebieten kommt es zudem zu einem Zustand der Dauerverunstaltung. Dies ist gelinde gesagt eine Sauerei.
Ich bin mir sicher, dass es ein jeder bevorzugt, eine saubere Umwelt ohne die Hinterlassenschaften anderer vorzufinden. Deshalb ist es unsere Pflicht als Sportler und Naturliebhaber, die Umwelt sauber zu hinterlassen und unseren Müll wieder Nachhause oder zum nächsten Mülleimer zu tragen. Auch das Problem mit vollgeschissenen Kletterfelsen und beliebten Standplätzen von Campern lässt sich lösen. Wenn es einem zuwider ist, die Hinterlassenschaft in einem dafür vorgesehen Beutel oder Eimer wieder mitzunehmen, dann sollte man sich wenigstens in ein zuvor ausgehobenes Loch erleichtern – Klappspaten kosten nicht die Welt.
Die Luft, die wir atmen
Meine frühesten Erinnerungen drehen sich um kleine bewaldete Täler mit Forellenbächen und Schlittenfahrten auf hügeligen Streuobstwiesen. Abgesehen von meiner Studienzeit an der Ostsee habe ich mein ganzes Leben an und in Mittelgebirgen verbracht. Mit den Jahren und dem steigenden Stellenwert von Ausdaueraktivitäten wuchs die Sehnsucht nach höheren Bergen. Da ich meine Gebirgsaktivitäten nicht auf Urlaube und Wochenendtrips beschränken wollte, folgte ich irgendwann dem Ruf nach Österreich.
Nach ein paar Jahren verschlug es mich der Liebe wegen nach Freiburg.Unsere Wohnung befindet sich in einer kleinen abgelegenen Siedlung oberhalb der Stadt. Den Großteil des Jahres ist es hier ruhig und beschaulich und nach Sonnenuntergang trifft man kaum jemanden auf der Straße an. Im Gegensatz dazu bricht an sonnigen Wochenenden und schneereichen Ferientagen das Chaos über uns herein. Ganze Scharen von erholungshungrigen und abenteuerlustigen Städtern schieben sich in ihren Autos die kurvige Bergstraße hinauf. Da selbst der großzügig ausgebaute Wanderparkplatz dem Ansturm nicht gewappnet ist, parken viele der Angereisten in rücksichtsloser Manier auf der Straße, den Weiden und Privatgrundstücken – aber darum soll es hier überhaupt nicht gehen.
Vielmehr bin ich darüber verwundert, wie viele Wanderer und Spaziergänger sich und der Umwelt dieses Chaos antun. Freiburg schmiegt sich auf voller Länge an die bewaldeten Hügel des Schwarzwaldes und bietet somit unzählige Möglichkeiten des direkten Zugangs zu Natur. Man muss beileibe kein Ausdauerwunder sein, um die paar Höhenmeter zwischen sich und die Stadt zu bringen, um eine schöne Aussicht über Stadt und Rheinebene bis in die Vogesen zu erhaschen. Und für sportlich Ambitionierte spricht nichts gegen eine längere Wanderung auf den beliebten Schauinsland. Aussichtssuchenden mit weniger sportlicher Ambition stehen öffentliche Verkehrsmittel und eine Seilbahn zur Verfügung.
Mit Sicherheit sind wir alle daran interessiert, dass die Luft die wir atmen sauber und frei von Umweltgiften ist. Nichts spricht gegen gelegentliche Ausflüge und Urlaubsreisen in Naherholungsgebiete oder die Alpen. Doch wir sollten hinterfragen und abwägen, ob zum Beispiel regelmäßige Ausflüge mit dem Auto zum Zwecke einer Tageswanderung oder kurzen Kletterpartie wirklich nötig sind. Sollte ein Verzicht der Selbstentfaltung und Ausübung der Leidenschaft grundlegend im Wege stehen, kann man zu Gunsten der individuellen Treibhausgas-Bilanz im Alltag weitestgehend auf das Auto verzichten.
Eine umweltfreundliche Alternative sind Bahn und Bus mit Treibhausgasemissionen von etwa 41 beziehungsweise 32 Gramm pro Personenkilometer. Dem gegenüber steht das Auto mit einem Ausstoß von etwa 140 Gramm. Die denkbar schlechteste Variante ist das Flugzeug mit 211 Gramm ausgestoßenen Treibhausgasen pro Personenkilometer. Dies sollte einem vor dem nächsten Wildlife- und Natururlaub in ein entferntes Paradies zumindest zu denken geben.
Verantwortungsvoller Konsum von Equipment
Die Sport- und Ausdauerbranche ist längst zu einem unerschöpflichen Konsummarkt geworden. Influencer, werbende Sportstars und Social-Media-Kanäle suggerieren uns, dass der Outdoor-Genuss nur samt der hippen Softshell-Jacke, dem neuesten Paar Laufschuhe und dem modernsten Tourenski komplett sei.
Produktion und Konsum sind nicht verwerflich, sind sie doch maßgeblich für unseren Wohlstand verantwortlich. Und es ist legitim, wenn Menschen ihr hart verdientes Geld zwecks Bedürfnisstillung ausgeben und es damit wieder in Umlauf bringen. Mit Konsum und Produktion geht aber eine gewisse Verantwortung gegenüber Mitmenschen, Tieren und Umwelt einher. Denn Produktion ist, wie man es auch dreht und wendet, ein Prozess, der Ressourcen in Form von Energie und Rohstoffen auf Kosten der Umwelt verbraucht. Selbst Vincent Stanley, neben Gründer Yvon Chouinard, Mastermind bei Öko-Vorreiter Patagonia, gesteht ein, dass es nur darum geht, die negativen Auswirkungen auf die Natur zu verringern.
Wenn uns etwas an Natur und Umwelt liegt, sollten wir unseren Konsum überdenken und gegebenenfalls anpassen. Es ist beispielsweise nicht notwendig, sich jede Saison die angesagtesten Laufschuhe oder trendigste Jacke zu kaufen. Gerade bei Outdoor- und Sportbekleidung spielen kleinere Beschädigungen kaum eine Rolle und lassen sich oftmals leicht reparieren. Ein Loch in Jacke oder Hose lässt sich fix mit selbstklebenden Flicken reparieren. Wer es schöner mag, kann es für wenig Geld beim Schneider um die Ecke machen lassen. Selbiges trifft auch auf kaputte Reißverschlüsse zu. Ein Reißverschluss kostet wenige Euro und ist von professionellen Händen schnell ausgetauscht.
Da ich nicht sonderlich gut darin bin meine Laufschuhe zu pflegen, wird das Obermaterial mit der Zeit porös und reißt ein, bevor die Sohle durchgelaufen ist. Um die Schuhe länger in Gebrauch zu halten, verwende ich selbstklebende Flicken – aufgrund der durchdringenden Feuchtigkeit müssen diese ab und an ersetzt werden.
Sollte man erwartungsgemäß dann irgendwann neue Kleidung oder Ausrüstung benötigen, ist es ratsam man auf Marken und Materialien zurückgreifen, die ein gewisses Maß an nachhaltiger und umweltfreundlicher Produktion erfüllen. Neben den Vorreitern Patagonia und Vaude setzen immer mehr Hersteller in unterschiedlicher Konsequenz auf Umweltverträglichkeit. Einen guten Beitrag leistet man, wenn man Produkte aus recyceltem Polyester und Nylon kauft. Der Rohstoff dafür stammt überwiegend aus alten PET-Flaschen und industriellen Abfällen. Immer mehr Hersteller setzen zudem auf Bekleidung aus Bio-Baumwolle. Neben dem Beitrag für die Umwelt tut man den Menschen im Anbau und Einheimischen einen Gefallen, da man sie nicht den Pestiziden und Insektiziden aussetzt. Selbiges trifft auf Kleidung zu, welche mit weniger schädlichen Farbstoffen und Imprägnierungen behandelt werden.
Ich liebe Laufen. Und ich liebe lange Läufe durch die Natur und saubere Luft in meinen Lungen. Wenn Läufer, Bike und Wanderer, all diejenigen, die sich der Bewegung an der Natur ebenso erfreuen, ein nachhaltigeres Handeln an den Tag legen, leisten wir zusammen einen gewaltigen Beitrag, das zu schützen, was wir lieben.
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